Altersteilzeit

Ja, unsere Arbeit mit behinderten Menschen ist schön und kann über weite Strecken sehr erfüllend sein. Trotzdem, für langgediente KollegInnen gilt, dass der Energievorrat nicht mehr der üppigste ist und dass trotz zunehmender Dioptrieanzahl die vor uns liegende Grenze zur Erschöpfung immer deutlicher sichtbar wird. Wie schön wäre es, wenn man ein bisschen kürzer treten könnte, selbst dann, wenn die Pension noch in weiter Ferne liegt. Es ist machbar! Und es ist weniger utopisch als es vielleicht klingt. Das Modell „Altersteilzeit“ (ATZ) macht es möglich!

Anspruchsberechtigt sind alle, die in den letzten 25 Jahren vor Antritt der ATZ 780 Wochen einer arbeitslosenversicherungpflichtigen Beschäftigung (dazu zählen auch Wochengeldbezug und anrechenbare, ausländische Versicherungszeiten) nachgegangen sind.

Die ATZ kann frühestens 5 Jahre (unter bestimmten Voraussetzungen auch schon 7 Jahre) vor dem Regelpensionsalter (Männer: 65 Jahre; Frauen, die bis einschließlich 1963 geboren wurden: 60 Jahre) angetreten werden. Männer können sie also frühestens mit 60, Frauen (geboren vor 1963) mit 55 Jahren antreten.

Weitere Voraussetzungen:

  • Im letzten Jahr vor Antritt der ATZ muss das Beschäftigungsausmaß mindestens 60% der gesetzlichen bzw. kollektivvertraglichen Arbeitszeit betragen haben. Für die meisten von uns, die in der Regel 37.5 Stunden in der Woche arbeiten bedeutet das, dass sie im besagten Jahr mindestens 22,5 Stunden pro Woche gearbeitet haben müssen. War in diesem Jahr nur ein Monat darunter, in dem weniger als die vorausgesetzten 60% gearbeitet wurden, dann beginnt man erst wieder im Folgejahr zu zählen!
  • Wenn das geklärt ist kannst Du damit beginnen, Dir zu überlegen, in welchem Ausmaß Du die bisherige Arbeitszeit reduzieren willst. Möglich sind 40%, 50% oder 60%. Das heißt für Dich (wenn wir dabei bleiben, dass Du 37,5 Stunden in der Woche arbeitest), dass Du die wöchentliche Arbeitszeit um 15 bis zu 22,5 Stunden reduzieren kannst.
  • Kontinuierliche ATZ: Du reduzierst deine Arbeitszeit wie vertraglich vereinbart, baust sie aber nur langsam ab und gehst schließlich mit Erreichen des Regelpensionsalters in Pension.
  • Die ATZ kann nur in Anspruch genommen werden, wenn es vorher zu einer Vereinbarung in dieser Sache zwischen Dir und dem Arbeitgeber gekommen ist.

Was bedeutet das Ganze nun aber für das liebe Geld? Eine ATZ hat nichts mit einem vorgezogenen Pensionsantritt zu tun, bei dem man mit hohen Abschlägen zu rechnen hat. Sie ist viel mehr eine Möglichkeit, sich bis zum Regelpensionsalter den Arbeitnehmerstatus zu bewahren, weniger zu arbeiten und trotzdem keine großen finanziellen Einbußen befürchten zu müssen.

Der Arbeitnehmer erhält während der ATZ ein „Gehalt“, das sich aus einem Teilzeitentgelt und einem Lohnausgleich zusammensetzt. Das Teilzeitentgeld ist jener Betrag, den der Arbeitnehmer nach der Reduzierung für geleistete Arbeit erhält. Der Lohnausgleich beträgt mindestens 50% des Unterschiedsbetrages zwischen dem im letzten Jahr vor der Herabsetzung der Normalarbeitszeit durchschnittlich gebührenden Entgelt (hier fallen auch so Dinge hinein wie: Überstundenentgelte, div. Zuschläge, Überstundenpauschalen, Biennalsprünge, kollektivvertragliche Erhöhungen, etc.) und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt. Du erhältst also nicht nur das Entgelt für die verringerte Arbeitszeit, sondern auch die Hälfte des Entgeltes von dem, worauf du zu Gunsten eines/einer Arbeitssuchenden verzichtet hast.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Kollege, die Kollegin nicht befürchten muss, nach tatsächlichem Antritt der Pension ein böses Erwachen erleben zu müssen. Denn während du dich bereits in der ATZ befindest werden die ganze Zeit über jene Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt wie damals vor dem Eintritt in die ATZ. Auch die Höhe der Abfertigung wird von der Arbeitszeit vor der Herabsetzung berechnet. Pension und Abfertigung werden also nicht irgendwie dem neuen Arbeitsmodell zu Eurem Nachteil angepasst oder gar reduziert.

Ich habe mich bemüht, die umfangreiche Materie zum Thema ATZ auf das Wesentliche zu reduzieren und eine Fassung zur erstellen, die so allgemeingültig wie möglich ist. Somit war es mir nicht möglich auf jede Eventualität (Anspruch auf Korridorpension, Hacklerregelung, Frauen mit einem Geburtsjahr nach 1963, etc.) einzugehen. Daher bitte ich jeden Kollegen, jede Kollegin, die sich für das Thema interessiert und die ATZ für sich in Anspruch nehmen will, sich mit dem Betriebsrat kurzzuschließen. Wir werden uns bemühen, einen auf Dich maßgeschneiderten Antrag zu erarbeiten.

Christoph Naderer