Stellungnahme zum KV-Abschluss

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

sehr schnell und überraschend kam es zum Abschluss der Kollektivvertragsverhandlungen. Selbst ich, als Teil des kleinen Verhandlungsteams der Arbeitnehmer*innen, wurde von der schnellen Vorgehensweise überrumpelt.

Vor nicht einmal einem Monat am 10. März waren viele von uns schon auf dem Weg zur Großdemo, die kurzfristig untersagt wurde. Am 17. März wurde aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus die für den 26. März geplanten Verhandlungen ausgesetzt und öffentlich bekannt gegeben, dass wir ein schriftliches Angebot der Arbeitgeber*innen erwarten. Dieses ist am Montag eingelangt und wurde am selben Tag per Mail an alle Mitglieder des Verhandlungsteams zur Abstimmung ausgesandt und letztendlich auch mit 75% angenommen.

Das Ergebnis im Detail:

1.2.2020: Erhöhung der KV-Tabelle, Ist-Gehälter, der „alten Gehalts- bzw. Lohntabellen”, Zulagen und Zuschläge sowie sonstige Entgeltbestimmungen um 2,7 %.

1.1.2021: Erhöhung der KV-Tabelle, Ist-Gehälter, der „alten Gehalts- bzw. Lohntabellen”, Zulagen und Zuschläge sowie sonstige Entgeltbestimmungen um die durchschnittliche Inflationsrate von November 2019 bis Oktober 2020 plus 0,6 %.

1.1.2022: Reduktion der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit von 38 auf 37 Wochenstunden. Für MitarbeiterInnen, die bereits jetzt nicht mehr als 37 Wochenstunden arbeiten, ändert sich an der vertraglichen Wochenarbeitszeit nichts, die Arbeitszeitverkürzung wirkt sich für sie in einer Entgelterhöhung von 2,7 % aus. Zulagen und Zuschläge: +2,7 %
Der Mehrarbeitszuschlag für die 38./39./und 40. Stunde beträgt ab 1.1.2022 33 %.

Mitarbeiter*innen, die im Zeitraum von 16.3.2020 bis 30.6.2020 in unmittelbaren persönlichen Kundenkontakt stehen bzw. gestanden sind, erhalten pauschal eine „Corona-Prämie“ in der Höhe von € 500,-.

Die Erhöhungen für die Jahre 2020 und 2021 finde ich im Hinblick auf die extrem unsichere wirtschaftliche Lage gut. In die Inflationsrate für die Erhöhung 2021 fallen auch noch die Monate vor der Krise hinein. Ich bin auch froh, dass in der jetzigen Situation die plus 2,7% für 2020 gehalten haben. Im Vergleich zu den KV-Abschlüssen anderer Branchen liegen wir im obersten Bereich.

Mit dem Abschluss für 2022 hingegen bin ich unzufrieden. Mit der Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 37 Wochenstunden ist nicht einmal annähernd das Ziel von 35 Stunden erreicht. Für uns bedeutet die Verkürzung gar nur eine halbe Stunde! Darüber hinaus wurde keine Gehaltserhöhung oder wenigstens die Inflationsabgeltung vereinbart, abgesehen von der Erhöhung von 2,7% auf Zulagen/Zuschläge. Und diese erhalten einige Mitarbeiter*innen-Gruppen bei uns nicht einmal. Für Teilzeitmitarbeiter*innen bedeutet die halbe Stunde allerdings ein Plus von 1,35%.

Meine Einwände habe ich im kleinen Verhandlungsteam auch eingebracht.

Ich war in meiner Entscheidungsfindung zur Abstimmung gespalten und bin es heute noch. Letztendlich habe ich doch zugestimmt. Ausschlaggebend waren die Ergebnisse für 2020, 2021, und dass der erste, wichtige Schritt in Richtung Arbeitszeitverkürzung getan wurde. Auch die wirtschaftlichen Prognosen, die befürchtete Rezession, die ständig steigenden Arbeitslosenzahlen waren mit ein Grund.

Ob die Entscheidung, dem Ergebnis zuzustimmen, gut war, wird erst die Zukunft zeigen.

Bitte schreibt mir eure Meinung zum Ergebnis. Ich werde diese in das Verhandlungsteam und die Gewerkschaft tragen, wo wir sicher darüber reflektieren und diskutieren werden.

Liebe Grüß

Angelika

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